Dem Bruder ohne Schurz

Ich bin Freimaurer aus Überzeugung und durch Mitgliedschaft in meiner Loge.

Mindestens einmal im Monat ziehe ich einen schwarzen Anzug an und lege unter anderem einen „Maurerschurz“ an. Dieser Schurz ist so ziemlich das markanteste und wichtigste Kleidungsstück, was ein Freimaurer trägt. In dieser Kleidung nehme ich an unseren Ritualen teil. In der Zeit seit meiner Aufnahme habe ich viele Dinge gelernt- über die Freimaurerei und über mich selbst. Die Freimaurerei hilft mir, mich zu verändern- vielleicht kann sie mir helfen, eines Tages ein besserer Mensch zu sein.

Es gibt aber auch Menschen, die dafür keine Freimaurerei gebraucht haben. Leute, die auch ohne „fremde Hilfe“ gute und sogar großartige Menschen geworden sind. Gut zu sein ohne sich für besser zu halten. Einen solchen Menschen durfte ich kennenlernen und Freund nennen. Für mich war er ein Bruder ohne Schurz- so nennen wir Menschen wie ihn.

Leider findet man solche Menschen nur zu selten. Leider ist dieser Eine viel zu früh und vollkommen unerwartet in den ewigen Osten gegangen. So bezeichnen wir Freimaurer den Tod eines unserer Brüder. Wir sprechen nicht davon, dass ein Bruder gestorben ist, wohl aber, dass er seine Werkzeuge aus der Hand gelegt hat. Wir sprechen davon, dass dieser Bruder uns nur vorangegangen ist, weil wir wissen, dass wir irgendwann den gleichen Weg gehen werden und unsere Werkzeug aus der Hand legen- dies auch in der Hoffnung, dass sie nach uns wieder jemand aufnimmt.

Trotzdem schmerzt die Trennung. Die Gefühle der Trauer scheinen zuweilen übermächtig. Abschied zu nehmen scheint unmöglich. So geht es auch mir. Es ist noch nicht so lange her, da haben wir noch zusammengesessen, Pläne gemacht, bis in die Nacht hineingeredet, gestritten, gelacht und gemeinsam an der „Weltwurzel“ genagt.

All das ist jetzt vorbei. Ich vermisse meinen Freund. Seine Freundschaft hat mich tief berührt und für immer verändert.

Du warst und wirst mir immer Freund und Vorbild sein, lieber Rainer.

Mario M.